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Entsprechend
der Größe des faschistischen Kampfbundes Turin entstand in Bardonecchia
die größte Bergkolonie Italiens. Sie bot Platz für 1.000 Kinder.
Das Gebäudeensemble besteht aus mehreren Trakten, die Levi-Montalcini
durch unterschiedliche Höhen, Volumen, Fassaden und Farben zu einer
dynamischen Komposition zusammengefasst hat.
Eingangsbauwerk: Das zweigeschossige Gebäude parallel zur Straße fungiert
als Tor zur Kolonie. Die Hälfte des Erdgeschosses bildet eine Säulenhalle,
wodurch der Bau wie ein Bügel wirkt. In ihm sind die ärztlichen Untersuchungs-
und Krankenzimmer wie auch die Direktion untergebracht.
Schlaftrakt Jungen: Dahinter erhebt sich der breite, viergeschossige
Schlaftrakt der Jungen. Drei Stockwerke werden durch die langen Linien
der Balkone markiert, das Dachgeschoss durch eine Reihe von Rundfenstern.
Die Schlaftrakte sind für die optimale Ausnutzung des Sonnenlichts nach
Süden ausgerichtet. In den Schlaftrakten befinden sich Schlafsäle mit
Stockbetten für 6 bis 7 und 9 bis 10 Kinder. An jeden Schlafsaal schließt
ein Waschraum an.
Turm: Die östliche Fassade wird durch den zentralen Turm definiert,
der als Landmarke die Kolonie weithin sichtbar macht. Zur Straßenseite
hin ist der Turm fensterlos und unterstreicht die Vertikale im Gegensatz
zu den horizontalen Balkonen des Schlaftraktes. Die einzige Öffnung
dieser Front stellt die Tür eines kleinen Rednerbalkons dar, der als
stilisierte Axtklinge eines Rutenbündels ausformuliert ist. Ansonsten
scheint die geschlossene Wandfläche lediglich als Rahmen für den großen
Schriftzug über der Rednerkanzel zu dienen: "FEDERAZIONE DEI FASCI DI
COMBATTIMENTI A.XVI COLONIA MONTANA IX MAGGIO". Zum Turm führt eine
breite Freitreppe, die von einer Mauer flankiert wird, die wiederum
den Fuß des Fahnenmastes rahmt.
Gemeinschaftsbau: Im rechten Winkel zum Schlaftrakt schließt an den
Turm ein Flachbau an, in dem sich der große Speisesaal befindet. Die
Ostfassade ist mit einem Sägezahnschnitt versehen, so dass die Fenster
um einige Grad nach Süden zeigen.
Schlaftrakt Mädchen: In der gleichen Dimension des Schlaftraktes der
Jungen bildet der Mädchentrakt die nördliche Platzwand des Ensembles,
wobei im Erdgeschoss noch Funktionen wie ein weiterer Speisesaal, ein
Lesesaal und der große Versammlungsraum untergebracht sind.
Remise: Um eine östliche Platzwand zu formen, wurde ein zweistöckiges
Lager- und Garagengebäude, das mit seiner Giebelfront zur Straße reicht,
mit einem hohen Arkadengang verlängert. Remise und Arkadengang korrespondieren
in der Höhe mit dem Flachbau des Speisesaals. Der Turm, der Flachbau
des Speisesaals, der Schlaftrakt Mädchen und der Arkadengang bilden
damit einen Platz, der durch den Fahnenmast als Appellplatz definiert
ist. Zur Straße hin ist der Platz mit einem Zaun abgegrenzt.
Die intensive Farbgebung hat sich bis heute erhalten. Neben den geschlossenen
Fassadenflächen in weiß, dominiert ein Resedagrün die Außenwände. Die
Räumlichkeiten im Innern sind überwiegend in Gelbtonen gehalten, der
Fußboden besteht aus rötlichem Sandstein.
Die Kolonie erfuhr im Verlauf der Jahre immer wieder bauliche Veränderung.
So wurde der vorgelagerte aufgeständerte Riegel im Erdgeschoss geschlossen,
sämtliche Fensterflächen verkleinert, oder die Arkaden umgestaltet.
Der Flachbau mit dem Speisesaal wurde aufgestockt und mit einem Arkadengang
verbreitert. Die letzten großen Umbauten wurden anlässlich der Olympischen
Winterspiele von Turin 2006 vorgenommen, während denen die Kolonie als
Sportlerunterkünfte fungierte.
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Historische
Abbilddungen
Fotos
© Arne Winkelmann
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Literatur: |
Cities
of Childhood. Italian Colonie of the 1930s, (Ausst.-Kat.), Hrsg. Alex
Wall u. Stefano di Martino, London 1988, S. 44
Architettura, Nr. 7, 1937
L'Architecture d'aujourd'hui, Nr. 7, 1939, S. 27
Domus, Nr. 659, 1985, S. 26 |